Njeri schenkt ihren Zuhörern Hoffnung

Seit 20 Jahren erklingt die Stimme von Njeri Weth in Nordhessen. Die studierte Opernsängerin liebt Soul, Pop und Gospel. In Spangenberg gibt sie Solisten und Chören Gesangsunterricht.

Njeri Weth

Eine Sängerin ohne Allüren

„Die Stimme von Ella Fitzgerald finde ich wahnsinnig schön“, bekennt Njeri Weth. „Sie ist kraftvoll und weich und so energiegeladen. Von ihr kann man sehr viel lernen.“ Doch wer die nordhessische Sängerin in einem Konzert erlebt, ist berührt vom Njeris warmherziger Stimme.

Sie sitzt auf einer Bank in ihrem Garten und schaut auf eine alte Obstplantage mit vielen blühenden Kirschbäumen. „Ich liebe den Frühling in Nordhessen, obwohl ich als Kind in Münster aufgewachsen bin. Bereits auf dem Weg zum Kindergarten habe ich mit meiner Mutter gerne Lieder geträllert.“

In der Grundschule spielt sie Blockflöte, während der Schulzeit sang sie in einem Schulchor. „Mit 18 Jahren habe ich meinen ersten Gesangsunterricht gehabt. Damals habe ich bereits in einer Band gesungen und gemerkt, dass ich kurzatmig werde.“

Ihre Gesangslehrerin bestätigt ihr Talent und bereitet sie auf die Aufnahmeprüfung an der Robert-Schumann-Musikhochschule vor. „Am Musikkonservatorium in Düsseldorf habe ich sechs Jahre Operngesang studiert. Das war für mich eine neue Welt. Zuvor habe ich immer Soul, Pop und Jazz gesungen. Erst im Studium habe ich die Vielfalt klassischer Werke kennengelernt.“

Ich bin ein musikalischer Tausendsassa

Während des Studiums tritt Njeri Weth regelmäßig als Solistin mit Gospelchören auf: „In dieser Phase habe ich gemerkt, dass Soul und Gospel musikalisch gesehen Geschwister sind. Zudem habe ich viel Stevie Wonder und Aretha Franklin gehört.“

Sie lernt auch die Worship-Musik kennen, tritt als Musical-Sängerin bei Galas auf. „Ich bin ein musikalischer Tausendsassa. Habe in meiner Laufbahn auch Tango gesungen oder als Solistin mit der Bigband unserer Hochschule. Natürlich auch die klassischen Werke von Bach bis Mozart.“

Doch ihr solistischer Schwerpunkt lag nach ihrem Studium bei Klassik meets Gospel: „Ich habe viele Stile gesungen, bei denen sich meine Seele öffnet. Wenn mich ein Lied tief berührt, komme ich beim Singen selbst zum Fliegen.“

Ihr Refugium auf dem Himmelsfels

Seit 2006 lebt Njeri Weth mit ihrer Familie in Spangenberg. „Mein Mann hat die Stiftung Himmelsfels mitgegründet, ich selbst gehöre seitdem zum Kuratorium.“ Ich will wissen, ob ihre zwei Söhne die Musikalität ihrer Mutter geerbt haben? Sie hält kurz inne: „Wir treten nicht als Familienensemble auf, aber die beiden lieben auch die Musik.“

Seit dem Abschluss ihres Studiums ist sie als Singer-Songwriterin tätig und hat mehrere CDs in ihrem Plattenlabel Flamingo Sounds produziert. „Bereits 2004 habe ich in Düsseldorf mit Trostkonzerten begonnen. Da singe ich meine eigenen Kompositionen und auch selbst getextete Lieder.“

Sie erzählt von einem Gedenkgottesdienst für verwaiste Eltern und Geschwister, an dem sie 2003 mitgewirkt hat. „Damals wurde mir bewusst, wie tief meine Trauer um meinen verstorbenen Bruder sitzt. Ich bin eine verwaiste Schwester.“

Njeri erzählt von ihrer eigenen Trauerarbeit. Und der offenen Türarbeit in einem gesellschaftlichen Brennpunkt in Düsseldorf: „Ich habe Menschen kennengelernt, die krank oder einsam waren, die es schwer haben im Leben. Mir wurde klar: Ich muss Lieder für Menschen singen, die Trost brauchen.“

Ich möchte etwas machen, was sinnstiftend ist.

Pandemiebedingt ruhte die Tour für drei Jahre. In diesem Jahr geht sie anlässlich des 20- jährigen Jubiläums auch im November 2024 auf eine Tour in NRW, Hessen und Niedersachsen. „Ich möchte einen Raum zum Trauern anbieten. Einen sicheren Ort, an dem man sich erinnern darf.

Am Anfang eines Trostkonzertes stehen die Worte ‚Anhalten. Innehalten. Ausschau halten nach einem Gott, der tröstet.‘ Es darf ausgesprochen werden, was bedrückt. Zentral sammeln wir im Moment des Erinnerns Namen von Verstorbenen. Sie werden vorgelesen, um auch Stück für Stück loslassen zu können.“

In den Konzerten singt Njeri Weth viele Psalmen, auch Klagepsalmen. „Ich will aufzeigen, dass Gott tröstet und den Trauernden auch seinen Segen zu sprechen. Mir haben die Psalmen sehr viel Trost gespendet. Ich hoffe, dass ich diese hoffnungsvolle Botschaft auch weitergeben kann.“

„Vor Corona wurde ich als Solistin für große Werke eingeladen, das war ein Crossover aus Klassik und Gospel. Leider ist das durch die Pandemie komplett weggebrochen und kommt erst langsam wieder. Ich bin dennoch dankbar für alle Möglichkeiten ob als Pädagogin und Sängerin erleben darf.“

Jeder der singt ist ein Singwunder

Seit vielen Jahren bietet Njeri Weth auch Gesangunterricht für Einzelpersonen und Chöre an. „Ich liebe diese Arbeit. Auch ehrenamtlich habe ich Chöre geleitet zum Beispiel die „Himmelsfels Singers“ und mit Menschen mit Fluchterfahrung das Projekt „Songs of Peace“ durchgeführt.

In ihrem Gesangsinstitut in Spangenberg erklingen die unterschiedlichsten Stimmen: „Jeder der singt ist ein Singwunder. Ich möchte Menschen ermutigen, ihre Stimme, ihre Persönlichkeit zu entdecken. Zudem will ich sie sing- und sprachfähig machen und auch helfen, ihr Lampenfieber zu überwinden. Auch alte Glaubenssätze wie ‚Ich kann nicht singen‘ begegnen mir oft. Die jüngsten Schülerinnen sind 10 Jahre alt und schreiben mit mir ihre eigenen Lieder. Die jugendlichen Sängerinnen singen wunderschön mehrstimmig im Ensemble.“

In Tagesseminaren bietet sie Stimmbildung mit Chören und Gesangsensembles an. „Sehr gerne denke ich an die fünf Jahre zurück, in denen ich Lehraufträge an Musikhochschulen hatte. An der Popakademie in Witten habe ich vier Jahre die Gesangsklasse für angehende Kantoren aufgebaut. Später habe ich an der Frankfurter Hochschule für Musik unterrichtet.“

Ella Fitzgeralds Stimme berührt mich

Im Moment drückt sie selbst wieder die Schulbank. In Regensburg macht sie ihren Master of Arts in Sprechwissenschaften und Rhetorik und parallel eine Ausbildung zur Sprecherzieherin (DGSS). In Kürze wird es auch eine Himmelsfels Akademie geben, in der sie als Dozentin für Interkultur mitwirken wird.

Zum Schluss möchte ich wissen, welche Musik Njeri Weth zur Entspannung selbst gerne hört. Sie zögert kurz: „Das ist gar nicht so einfach. Ich höre gerne Contemporary R&B – Rhythm and Blues – auch Folk und Jazz. Und natürlich immer wieder Ella Fitzgerald. Ihre Stimme berührt mich schon so lange tief, tief im Herzen.“

Weitere Informationen:
www.singwunder.de
www.trostkonzerte.de
www.atemperlen.de

Text & Foto: Rainer Wälde