Der Forellenkönig von Fritzlar

Henrik Rameil ist Chef über eine Million Fische. Mit seinem Team züchtet er in den Ederauen vor allem Regenbogen- und Bachforellen.

Damit es den Fischen gut geht

Die Rameils sind seit fünf Generationen im Fisch-Business und zählen zu den größten Betrieben in Hessen. 1901 fing der Ururgroßvater von Henrik im Sauerland an. „Alle fünf Kinder haben eine Fischzucht aufgemacht“, erzählt er mit einem Augenzwinkern.

Er führt mich entlang der riesigen Aufzuchtbecken vor den Toren Fritzlars: „Auch heute noch gibt es Verwechslungen, weil drei Rameil-Nachfahren in der Fischzucht aktiv sind.“

Henrik wirft Fischfutter in eines der Becken und erzählt mir, wie er mit seinen Eltern und sechs Mitarbeitern das Unternehmen führt. „In so einem kleinen Firmenbetrieb muss jeder alles können. Damit es den Fischen gut geht, muss jeder auch auf die kleinsten Details achten.“

Er zeigt auf ein Absperr-Gitter: „Wenn sich dort im Herbst unbemerkt Laub ansammelt, bekommen die Forellen nicht genügend Sauerstoff. Deshalb muss dies permanent kontrolliert werden – wie viele andere Parameter auch.“

Junge Regenbogenforellen

Henrik Rameil ist in Fritzlar aufgewachsen. „Es war mir immer schon klar, dass ich in den Familienbetrieb einsteigen werde.“ Der gelernte Großhandelskaufmann macht berufsbegleitend seinen Bachelor in Betriebswirtschaft. Danach zieht er nach Rostock und
absolviert mit sechs anderen Studenten ein Masterstudium in Aquakultur.

Mit dem Kescher fängt er junge Regenbogenforellen. „Diese amerikanische Lachsart wird mit den heimischen Bachforellen in Fritzlar gezüchtet. Daneben Seibling für die Gastronomie und Störe als Nebenfische, sowie Karpfen für die Angler.“

Er zieht die Kappe in die Stirn: „Die Generation, die Weihnachten und Silvester vor allem Karpfen gegessen haben, die stirbt leider aus.“ Den gesamten Fischbestand schätzt Henrik auf eine Million Fische: „Plus minus 50.000 Exemplar – so genau weiß ich das auch nicht.“ Allein die Forellen haben ein Volumen von 200 Tonnen. Damit zählt Familie Rameil zu den größten Züchtern in Hessen.

Henrik und sein Team vermarkten die Fische selbst: Neben der Fischzucht betreiben sie einen eigenen Hofladen. Dort gibt es auch Seefische zu kaufen, die von ihrem eigenen Handel in Edermünde stammen.

Ein 7 Tage Business

„Wir liefern an die gehobene Gastronomie in Nordhessen, aber auch an Krankenhaus- Kantinen, Studentenküchen und zahlreichen Kurkliniken in der Region.“

Die Fischzucht ist ein 7-Tage-Business, das im Laufe der Jahreszeiten seine Höhen und Tiefen hat. Vor allem dann, wenn im Sommer der Edersee leer wird. „An heißen Sommertagen liegen bei uns die Nerven blank. Dann schaue ich fünf Mal täglich auf den Wetterbericht. Für die Kaltwasserfische ist es schwierig, wenn die Wassertemperatur in der Eder die 24 Grad Marke erreicht. Wenn aus dem Edersee kein kühles Tiefenwasser mehr da ist, bekommen wir zu warmes Wasser. Dann sterben die schwächsten Fische.“

Schwierig sind auch die Hochwasserzeiten. In den siebziger Jahren gab es auch an der Eder Überflutungen. „Bei einem Kollegen in Trendelburg gab es Überschwemmungen von 1,50 Meter. Da wurde sein Fischbestand mitgeschwemmt.“

Ich bin kein Koi-Besitzer

Ich gehe mit Henrik Rameil in den Hofladen, wo von Mittwoch bis Samstag eine ganze Palette von frischen Fischen angeboten wird, und erkundige mich nach seiner Beziehung zu den Fischen? Er grinst mich an: „Ich bin kein Koi-Besitzer, der um seine Lieblinge trauert. Für mich ist es wichtig, den Gesamtbestand an Fischen im Blick zu haben. Der Pflegeaufwand ist hoch.“

Ein Mitarbeiter sorgt nur dafür, dass es den Fischen gut geht. Die Fütterung ist automatisiert, trotzdem muss permanent geprüft werden, damit die Forellen nicht verfetten: „Wie beim Menschen ist das auch bei den Fischen ungesund.“

An der Wand hängt ein Holzschild: „Gone Fishin – Bin gerade Fischen gegangen“. Henrik erzählt, dass an sechs Tagen der Woche täglich 300 Fische geschlachtet werden. In Spitzenzeiten wie Ostern und Weihnachten sind es bis zu 3.000 Fische.

4 Generationen – Familie Rameil

Nordhessen entschleunigt mich

„Ein Drittel wird geräuchert, zwei Drittel frisch verkauft.“ Wer gerne Fisch isst, freut sich über die Maschine für Schmetterlingsschnitt, die alle Filets grätenfrei macht. Um sie länger haltbar zu machen, werden sie vakuumiert.

Henrik Rameil geht mit mir in die Halle, einige Mitarbeiter transportieren mit Wasserkraft hunderte von Forellen aus dem Tank in eines der Becken. Ich frage ihn, was er zum Ausgleich macht, wenn er mal genug von so vielen Fischen hat?

Er denkt kurz nach: „Mein Kraftort ist mein Jagdrevier bei Geismar. Nach einem anstrengenden Tag liebe ich es, auf dem Hochsitz zu sitzen und Tiere zu beobachten. Das entschleunigt ungemein.“

Text & Portraitfoto: Rainer Wälde

Weitere Informationen

Fischzucht Rameil GbR
Pipprichsweg 9
34560 Fritzlar
www.fischzucht-rameil.de