Wie gelingt es Schwälmer Trachten für Jugendliche wieder attraktiv zu gestalten? Diese Frage motivierte die Floristin Angelika Jäckel zu einem Kalender, der Lust auf Heimat macht.
20 Heimatverliebte gestalten einen Kalender
Samstagnachmittag in Schrecksbach: Die 68jährige Angelika Jäckel hat ein kreatives Team von 20 Frauen und Männern um sich geschart. Gemeinsam wollen sie traditionelle Trachten mit moderner Alltagsmode kombinieren.
„Ich trage schon seit Jahren die Idee mit mir herum. Wie kann man mit Schwälmer Trachten neue tragbare Variationen für Kirmes und Familienfeiern gestalten, die Lust auf Heimat machen?“
Sie steckt mit wenigen Handgriffen einer jungen Frau rote Rosen ins Haar. „Es muss nicht immer ein Schnatz sein, wie die Schwälmer das rote Käppchen nennen. Man kann das doch gut auch kreativ durch frische Blumen ersetzen.“
Fräulein Blumenstiel liebt die Floristik
Ohnehin sind Blumen ihre größte Leidenschaft. Bereits als kleines Mädchen hat Angelika Schlüsselblumen gesammelt. „Das ist meine erste Erinnerung. Genauso wie meine Oma in Hubeltracht. Die Friedigeröder Oma, die Freiererer Golle, sie war eine Respektsperson mit ihren langen Röcken.“
Ihr Mädchenname Blumenstiel wird zum Lebensthema. „Meine Familie hatte die Dorfschänke in Nausis. Da bin ich verwurzelt, da kenne ich jeden Baum und jede Strecke. Bereits als Kind habe ich Blumen geliebt und die Tischdekoration gemacht.“
Leider muss die Dorfschänke in den Neunzigerjahren schließen. Mit der 9. Generation ihrer Eltern ist Schluss. „Ich bin von zuhause geprägt worden, mit Menschen umzugehen. Bei uns stand immer der Gast im Vordergrund.“
Blumen als Ausgleich zur Medizin
Angelika übernimmt nicht die Gastwirtschaft, stattdessen wird sie Arzthelferin. „Mir war schnell klar, ich bin kein Büromensch. Doch die tägliche Begegnung mit Menschen – das liebe ich.“
15 Jahre arbeitet sie als Arzthelferin, macht großes Labor und begleitet die Endoskopie. Dann kommen ihre Kinder zur Welt. Auch in der Familienzeit ist sie so viel wie möglich in der Natur, sammelt kleine Hagebutten, freut sich auf die schönsten Margeriten im Mai und die besten roten Äpfel am Radweg.“
Später steigt sie wieder in die Medizin ein, arbeitet in verschiedenen Praxen in Schwarzenborn und Alsfeld, auch in der Onkologie. „Die älteren Bewohner kennen mich bis heute.“
Am liebsten Margeriten
Auch die Ärzte schätzen ihr Talent für das Schöne: „Kannst du mir heute ein paar Blümchen mitbringen?“ heißt es immer mal wieder. Ich frage Angelika Jäckel nach ihren Lieblingsblumen. „Am liebsten Margeriten: Da geht mein Herz auf. Dazu ein paar schöne Gräsern – und ich bin glücklich.
Seit 30 Jahre gestaltet sie in der Region die Dekoration für Familienfeiern: „Ich bin dankbar für alle die schönen Feste und Hochzeiten, die ich floristisch begleiten durfte. Mein Herz ist voller Dankbarkeit und neuer Ideen.“
Sie liebt den kreativen Flow. „Vielleicht bin ich zu vielfältig. Ich habe auch Figuren getöpfert und im eigenen Brennofen gebrannt. Zwischendurch auch Aquarell gemalt.“
Der Engel im blauen Kleid
Sie zeigt mir die Figur eines Engels im blauen Kleid, den sich gestaltet hat. „Ich brauchte über viele Jahre keinen Fernseher, weil ich an den Abenden mit der Schönheit und Dekoration beschäftigt war.“
Auch die Freunde von Angelika wissen, was sie am meisten liebt: „Manche stellen eine Kiste Tannenzapfen oder Hortensien vor die Tür, andere einen Sack Buchsbaum, wenn sie ihre Hecke geschnitten haben.“
Sie greift zu ihrer Blumenschere, um die Stiele abzuknipsen: „Ich liebe alles, was die Natur uns schenkt und würde mich als Menschen und Tierfreundfreund bezeichnen. Ich bin gleichzeitig Schwälmerin und Europäerin und handle nach dem Motto: Leben und Leben lassen.“
Schwälmer Heimatglück
Zurück zu Angelikas Traum von einem Kalender mit Blumen und Trachten. Mit vereinten Kräften entstehen an diesem Herbstwochenende 13 eindrucksvolle Motive. Bei Kaffee und Kuchen sind die Modelle, Fotograf und Visagistin mit ihr im kreativen Flow.
Glücklich verweist sie zwei Wochen später auf den Stapel gedruckter Kalender, die im Flur liegen. „Schwälmer Heimatglück“ heißt er und ist immerwährend, damit er auch über mehrere Jahre genutzt werden kann.
Er ist bereits im Handel erhältlich. Ein schönes Geschenk für Menschen, die wie Angelika Jäckel auch Heimatverliebte sind. Der Erlös kommt dem gemeinnützigen Projekt Nordhessenliebe zugute.
Weitere Informationen: https://www.instagram.com/angelkajaeckel/