Alexander Wolff von Gudenberg: Vom Stottern zum Erfolg

Dr. Alexander Wolff von Gudenberg entstammt altem nordhessischem Adel. Als Kind leidet er unter seinem Stottern und gründet nach 12 erfolglosen Therapieversuchen die Kasseler Stottertherapie.

Alexander Wolff von Gudenberg

1.000 Jahre Familiengeschichte in Nordhessen

„Unsere Region ist komplett unterschätzt“, erklärt der 67jährige Gutsherr, dessen Familiengeschichte 1.000 Jahre zurückgeht. Der Junkernhof liegt zwischen dem Dörnberg und der Sababurg in Meimbressen. Im 17. Jahrhundert wurde er von der Familie Freiherr Wolff von Gudenberg erbaut.

„Ich wollte nicht, dass dieser wunderschöne Hof verfällt. Allerdings muss ich zugeben: Während der Sanierung hatte ich immer mal die Krise – angesichts der riesigen Aufgabe, die wir zu bewältigen hatten.“ Doch der Kraftakt gelingt: Seit Ende 2022 ist der Gutshof mit seinen historischen Gebäuden und Grünflächen aufwändig restauriert und saniert.

„Heute bieten wir den 400 Jahre alten Hof als eine stimmungsvolle Eventlocation für Hochzeiten und Tagungen an. Außerdem gibt es für wunderschöne Apartments für die Feriengäste, die Nordhessen erkunden.“

Gut Junkernhof

12 erfolglose Therapien führen zum Durchbruch

Nur wenige Besucher des Junkernhofs ahnen, dass sie neben dem Gutsherrn auch einen renommierten Facharzt vor sich haben. „Als Stotterer Arzt zu werden, war ein echtes Problem“, erklärt von Alexander von Gudenberg. „Ich habe selbst 12 erfolglose Therapien hinter mir. 1995 habe ich dann die Entscheidung getroffen, meine eigene Therapie zu entwickeln.“

Der Rollen-Wechsel vom Betroffenen zum Behandler bringt für ihn den Durchbruch. In Israel lernt er das Biofeedback kennen. Dr. Alexander Wolff von Gudenberg entwickelt daraufhin eine Methode, um das weiche gebundene Sprechen anhand einer Stimmkurse mit visuellen Biofeedback zu trainieren.

Seine Stimme klingt frisch und jugendlich, als er von seiner Therapie spricht: „Diese Methode hat mich selbst stabilisiert und auch meinem Leben Halt und Sicherheit gegeben.“ Weltweit sind ein Prozent der Bevölkerung vom Stottern betroffen, alleine in Deutschland geht man von 800.000 Menschen aus, die darunter leiden.

„Stottern hat eine hohe erbliche Komponente“, erklärt von Gudenberg. „Es handelt sich um eine vererbte neurologische Schwäche. Unter Stress bricht das Zusammenspiel von Atmung, Stimme und Artikulation zusammen.“ Seine Lösung ist ein Sprech-Restrukturierungs-Verfahren. „Das einzige evaluierte Verfahren, das in den medizinischen Leitlinien der Ärzte und Krankenkassen große Anerkennung erfuhr.“

Das eigene Leiden führt zur Gründung der Kasseler Stottertherapie

Dr. Alexander Wolff von Gudenberg gründet die Kasseler Stottertherapie. Heute ist sie mit über 20 Therapeuten Deutschlandweit die größte Einrichtung. Um den vielen Betroffenen auch unabhängig vom Wohnort helfen zu können, hat er vor 10 Jahren mit Online-Therapien angefangen, anfangs für Jugendliche und Erwachsene. „ In den Kinderkursen können so auch die Eltern zu Therapeuten ihrer Kinder ausgebildet.“

Sein Engagement wird mehrfach ausgezeichnet: 2015 mit dem Medizin-Management-Preis, 2019, dem Eugen-Münch-Preis und 2023 dem hessischen e- health award Hinzu kommt die Auszeichnung mit der silbernen Ehrennadel der Hessischen Ärztekammer und der Top 100 Award für innovative Unternehmer.

Mittlerweile hat sich von Gudenberg aus dem täglichen Praxisbetrieb zurückgezogen und unterstützt ein zweites Thema, das seine Familie seit Jahrzehnten begleitet: „Die Geschichte der Juden in Nordhessen ist für mich eine Herzensangelegenheit.

Unsere Familie hat seit den Prognomen im 13. Jahrhundert vom Landgrafen das Judenschutz und Ansiedlungsrecht verliehen bekommen. Der Ort und unsere Familie waren deshalb immer stark mit dem Judentum verwoben. Bis zur Nazizeit hatten wir in Meimbressen 10 bis 20 Prozent jüdische Mitbürger.“

Versöhnung mit der jüdischen Geschichte

Dr. Alexander Wolff von Gudenberg berichtet von seinem Vater, der nach dem Krieg „ein sehr ausgeprägtes Schuldgefühl hatte und deshalb lange auch den Kontakt nach Israel gepflegt hat.“

Gemeinsam mit Pfarrer Michael Dorhs vom Jüdischen Museum Hofgeismar gründet er den Judaika Verein. Mit Überlebenden aus England und den USA verlegt er Stolpersteine, um auch die kommenden Generationen an das Unrecht zu erinnern.

„Die Versöhnungsarbeit passt zum Hof“, erklärt von Gudenberg. Er freut sich, dass seine drei erwachsenen Kinder eine positive Einstellung zur Heimat und zum Hof gefunden haben.

Als nächstes Projekt wollen sie ein permanentes Hochzeitszelt für 100 Gäste aufbauen. Gemeinsam mit der Eventmanagerin Nicole Degenhardt hat er sich noch einiges vorgenommen, damit Gut Junkernhof eine vitale Zukunft für seine Enkel hat.

Gut Junkernhof
34379 Calden-Meimbressen

Text: Rainer Wälde

Fotos: Gut Junkernhof